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Nahversorgung in kleinen Dörfern verbessern – „Schmitze Karl“ kann Vorbild für andere sein. NZ 1.3.21
Mit dem Projekt „Smart for BIR“ will die Verbandsgemeinde (VG) Birkenfeld vor allem in den kleinen Dörfern mit kreativen Ideen die Nahversorgung verbessern. Für die Erstellung eines entsprechenden Konzepts kann sie dabei auf eine Finanzspritze des Bundeslandwirtschaftsministeriums zurückgreifen. Denn als eines von insgesamt 15 Modellvorhaben bundesweit erhält die VG aus dem neuen Förderprogramm „LandVersorgt“ einen Zuschuss in Höhe von 49.000 Euro. Bundesministerin Julia Klöckner (CDU) hat die Urkunde am Freitagnachmittag an VG-Chef Bernhard Alscher übergeben. Dafür wurde mit dem Dorfplatz ein symbolträchtiger Ort gewählt. Denn dort steht „Schmitze Karl“– ein im September 2020 von der Ortsgemeinde aufgestellter Verkaufsautomat, an dem das Geschäft brummt und der in seiner Vorreiterrolle zeigt: Für wohnortnahe Versorgungsmöglichkeiten, die unter anderem mit regionalen Produkten bestückt sind, gibt es gerade in Dörfern, wo ein Lebensmittelladen schon lange Geschichte sehr wohl eine entsprechende Nachfrage.
Es gibt schon einige Positivbeispiele
„Es existieren ja neben Leisel auch schon einige andere gute Beispiele in unserer VG“, sagt Klimaschutzmanagerin Inga Klawitter, die das Projekt „Smart for BIR“ federführend betreut. Die Firma Hochwald Sprudel hat am Schwollener Schwimmbad einen ähnlichen Verkaufsautomaten wie in Leisel mit Lebensmitteln aufgestellt. Marco Vazzola vom Eiscafé Venezia verkauft inzwischen in Birkenfeld auch Eis am Automaten. Gleiches gilt für Fleisch und Wurst der Metzgerei Jung in Hoppstädten, die Kunden vor dem Geschäft am dort platzierten „Abbo-Mat“ beziehen können.
Die Idee bei „Smart for BIR“ besteht laut der nun vom Bund geförderten Projektskizze darin, die Nahversorgung in der VG zu optimieren und in weiteren Orten mobile Versorgungsstationen zu errichten. Das soll in Form von würfelartigen Containern oder Holzmodulen geschehen, die von regionalen Handwerkern mit nachhaltig produziertem Holz errichtet werden. Diese Stationen sollen, so die Überlegung, wie im Fall von „Schmitze Karl“ in Leisel von Anbietern und Produzenten der Region mit Lebensmitteln befüllt werden. Anwohner, aber auch Touristen können sich dort zu jeder Uhrzeit mittels des Einsatzes digitaler Technologie mit Naturalien eindecken. „Wir wollen erst einmal mit Lebensmitteln anfangen. In einem zweiten Schritt ist aber auch eine Erweiterung dieser modularen Containerstandorte geplant“, sagt Klawitter. Denkbar sei zum Beispiel, dass auf diese Holzkonstruktionen eine Fotovoltaikanlage installiert wird und nebenan eine Aufladesäule für Fahrräder aufgestellt wird. Ebenso sei es später vorstellbar, dass an den smarten Boxen Möglichkeiten zur Gepäckaufbewahrung, etwa für wandernde Touristen, geschaffen werden.
Ein Jahr Zeit, so Klawitter, hat die VG nun, das Konzept zu verfeinern und fertigzustellen. „Wir müssen zunächst erst einmal schauen, in welchen VG-Orten gibt es noch Bedarf, um solche Strukturen aufzubauen“, sagt Klawitter. Ein Problem sei dabei, dass wegen Corona die eigentlich so wichtige Bürgerbeteiligung behindert wird. Der 49.000-Euro-Zuschuss steht nur für die Konzepterstellung zur Verfügung.
Weitere Förderanträge geplant
„Wenn es dann in Dörfern um die konkrete Umsetzung geht, wollen wir weitere Förderanträge stellen. Dass wir jetzt in das Bundesprogramm aufgenommen wurden, ist aber schon einmal eine solide Grundlage und auch für später hilfreich“, betont VG-Chef Alscher.
Julia Klöckner betonte bei ihrem Besuch in Leisel, „dass es für die Lebensqualität auf dem Land auch entscheidend ist, dass man ohne große Wege erreicht, was man zum täglichen Leben braucht. Solche Angebote halten Ortskerne attraktiv und lebendig. Das Projekt der VG Birkenfeld kann dabei Pilotcharakter haben und eine Blaupause auch für andere sein. Denn man muss das Rad ja nicht immer neu erfinden. Es ist gut und wichtig, dass Kommunen neue Wege bei der Nahversorgung gehen. Das unterstützen wir mit unserem Programm. Das soll Schule machen.“
Laut der Ministerin hatten sich insgesamt 59 Städte und Gemeinden für eine Bezuschussung aus dem Topf von „LandVersorgt“ beworben. „Smart for BIR“ bekam als eines von 15 Projekten in Deutschland den Zuschlag.
Die Idee der Leiseler mit „Schmitze Karl“ – benannt ist der Automat übrigens nach dem Besitzer des letzten Lebensmittelgeschäfts im Dorf – lobte die Bundesministerin in den höchsten Tönen. „Es ist wichtig, für den ländlichen Raum passgenaue Angebote aufzubauen. Dabei geht es dann oft gar nicht um den großen Einkauf, sondern um eine gute Lösung, die eine Art Zwischending darstellt“, sagte Klöckner. Wie denn „Schmitze Karl“ so läuft, wollte die Ministerin vom Ersten Beigeordneten René Dietrich und von Ratsmitglied Harald Dietrich – er hat ein waches Auge darauf, dass der Automat immer gut gefüllt ist und kauft die Waren nach – wissen. „Wir hätten nicht gedacht, dass er so gut angenommen wird. Unsere Erwartungen wurden übertroffen“, sagte René Dietrich. Rund 620 Einkäufe wurden allein im Februar gezählt, berichtete Harald Dietrich.
„Capri Sonne“ ist der Renner
Gefüllt ist der Automat mit etlichen regionalen Produkten, zum Beispiel Wurst von der Metzgerei Veeck in Niederbrombach oder Flammkäse vom Bornwiesenhof in Hußweiler und natürlich auch mit Kirner Bier. Der große Verkaufsschlager sei aber „Capri Sonne“, das vor allem bei Kindern sehr begehrt sei, so die durchaus überraschende Aussage Harald Dietrichs. Der musste Julia Klöckner aber auch eine traurige Mitteilung machen. „Wir haben zwar auch Wein im Automaten, der geht bei uns aber nicht so gut.“
Nahe Zeitung vom 1.3.2021, Axel Munsteiner